Im Gehirn navigieren
Céligne Vergne hat ein intelligentes elektromagnetisches Navigationssystem zur präzisen Implantation von Elektroden für die tiefe Hirnstimulation entwickelt
Der Erfolg der tiefen Hirnstimulation (DBS) hängt von der Präzision ab, sowohl bei der Positionierung der Elektroden als auch bei der Stimulation bestimmter Hirnregionen. Derzeit sind präoperative Bildgebung und stereotaktische Techniken der Goldstandard für das Einsetzen von DBS-Elektroden in das Gehirn, aber sie bieten kein Tracking während der Operation.
Céline Vergne, Doktorandin am Institut für Medizintechnik und Medizininformatik mit gleichzeitiger Immatrikulation an den Universitäten Basel und Strasbourg, hat ein elektromagnetisches Navigationssystem entwickelt, mit dem ein präzises Tracking der Elektroden während der Implantation ermöglicht werden soll. «Der Chip, der in das Stimulationsgerät integriert ist, zusammen mit unserem Visualisierungssystem, wird es den Chirurgen ermöglichen, den Winkel und die Position der DBS-Elektrode zu sehen», sagt Vergne.
Zuerst integrierte sie integrierte ein winziges Magnetometer in die Elektrode. Der weniger als 1 mm grosse Magnetsensor kann durch die Erzeugung schwacher Magnetfelder aufgespürt werden, wobei seine Position durch einen Tracking-Algorithmus bestimmt wird. Das Team von Prof. Dr. Joris Pascal war an der Entwicklung des Sensors beteiligt, während das Team von Prof. Dr. Simone Hemm für den Systemaufbau und die Tests im chirurgischen Umfeld verantwortlich war. In Zusammenarbeit mit der Universität Strasbourg untersucht Vergne derzeit Machine-Learning-Algorithmen, um die Tracking-Leistung des Sensors zu optimieren.
Danach bemühte sich Vergne darum, die Kompatibilität ihres Prototyps mit der chirurgischen Umgebung sicherzustellen. Im Operationslabor der FHNW in Muttenz hat sie mit einem Kopfphantom in einem stereotaktischen Headset ein DBS-Chirurgie-Setup nachgestellt. Sie stattete das elektromagnetische Navigationssystem namens ManaDBS mit einer Systemsteuerungseinheit, einem Magnetfeldgenerator und einer Sensorschnittstelleneinheit aus, die an die DBS-Leitung angeschlossen war. Elektromagnetische Störungen durch das Magnetfeld können das Tracking beeinträchtigen. Um dem entgegenzuwirken, setzte Vergne ein neues Tracking-Prinzip ein, um elektromagnetische Störungen zu begrenzen und ein korrektes Tracking der Elektrode zu gewährleisten.
In einem nachgebauten DBS-Chirurgie-Setup wurden dann Implantationsversuche an einer Aubergine durchgeführt, die das Gehirngewebe nachbildet. So konnte ein erster Eindruck von der Leistungsfähigkeit des Sensors gewonnen werden. Der letzte Schritt vor dem Transfer in die klinische Umgebung ist eine benutzerfreundliche Software zur Visualisierung des Trackings im Operationssaal.
Das System wird dann im Rahmen einer chirurgischen Generalprobe im Operationssaal des Universitätsspitals Basel getestet. Diese Umgebung kann die Kompatibilität der Technologie mit dem einzigartigen DBS-Operationssaal simulieren und so die Umsetzung des Prototyps in die Klinik unterstützen. Im Erfolgsfall wird ein neurochirurgisches Team der Universität Basel die Technologie bei Patientinnen und Patienten testen. Zum Schluss kann das System unter der Leitung eines Herstellers von neurochirurgischen oder Navigationsinstrumenten das Zulassungsverfahren für Medizinprodukte durchlaufen.
«Dieses elektromagnetische Navigationssystem ist ein vielversprechendes Tool für die Lokalisation der DBS-Elektroden. Wir sind optimistisch, dass es in das chirurgische Verfahren integriert werden kann und sowohl den Patientinnen und Patienten als auch den medizinischen Teams Vorteile bringt», sagt Dr. Ethan Taub, Neurochirurg am Universitätsspital Basel und externer Experte für das Projekt.
«Es ist sehr spannend, dass bei diesem Projekt drei Bereiche zusammenkommen: Elektronik, Informatik und Neurowissenschaften», sagt Vergne. «Dieser multidisziplinäre Ansatz und die Zusammenarbeit mit Partnern treiben die Innovation voran.»
Eckdaten | |
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Patienten / Zielgruppen: | Morbus Parkinson, essenzieller Tremor, Dystonie, Epilepsie, chronische Schmerzen |
Partner und akademische Co-Direktorinnen und -Direktoren:
| Universität Basel: Prof. Dr. med. Raphael Guzman, Klinikleiter Neurochirurgie Université de Strasbourg: Prof. Dr. Morgan Madec, Simulations- und Elektroniksysteme |
Finanzierung: | SNSF 204448 |
Tiefe Hirnstimulation – Schon gewusst?
In den späten 1980er Jahren eröffnete ein französischer Durchbruch in der Neurochirurgie, die tiefe Hirnstimulation (DBS), neue Wege in der Behandlung von Bewegungsstörungen. Bei der DBS werden Elektroden und winzige Neurostimulatoren im Gehirn implantiert. Diese senden Signale an bestimmte Zielstrukturen in motorischen Regionen, mit dem Ziel, motorische Symptome zu lindern.
Die DBS wurde im Jahr 1997 in den USA von der FDA zur Behandlung der Parkinson-Krankheit und des essenziellen Tremors zugelassen. Heute wird sie auch zur Behandlung von Dystonie, bestimmten Zwangserkrankungen, Epilepsie und chronischen Schmerzen eingesetzt. Sie kann mit einer medikamentösen Behandlung kombiniert werden oder bietet im Idealfall eine Alternative dazu.